Hamm hat zu wenig Ärzte

Jeder, der in Hamm mal im Wartezimmer gesessen oder auf einen Facharzt-Termin gewartet hat, der merkt es selbst: Es gibt zu wenig Ärzte. Allein in Hamm sind mehr als 20 Hausarzt-Sitze unbesetzt.

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Nicht nur in Hamm fehlen Ärzte

In ganz Deutschland fehlen aktuell 15.000 Ärzte. Das liegt zum einen daran, dass viele nach dem Studium in die Forschung gehen, im Ausland oder in Teilzeit arbeiten. "Die jungen Frauen sind häufig in Teilzeit. Somit brauchen wir mehr Köpfe. Momentan schließen wir diese Köpfe mit Menschen aus allen Ländern dieser Erde, aber die Lücken sind so groß, dass sie selbst damit nicht gefüllt werden können", erzählt uns Prof. Dr. med. Wolfgang Kamin, Chefarzt und Klinikdirektor der Kinderheilkunde des EVK Hamm im Lippewelle-Interview.

Für Hamm werden zu wenig Ärzte ausgebildet

Es werden viel zu wenig Ärzte ausgebildet. Deshalb werden Mediziner aus dem Ausland angeworben. Das EVK Hamm arbeitet seit Neuestem auch eng mit der Uni Stettin in Polen zusammen, deren Absolventen in Hamm ihr Praktikumsjahr machen.

Knapp 10.000 Medizin-Studienplätze gibt es in Deutschland, vor der Wende waren es noch 15.000. Und diesem massiven Abbau an Plätzen laufen wir heute noch hinterher. "Das war mal politisch gewollt rund um die Wende. Das ist natürlich massiv zu wenig. Und deswegen muss da dringend ausgebaut werden.", meint Justus Moor (SPD).

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Justus Moor aus Hamm fordert Ausbau der Medizin-Studiengänge

Die Bundesärztekammer fordert rund 5000 zusätzliche Medizin-Studienplätze in Deutschland. Allerdings dauert ein Medizinstudium mindestens 10 Jahre und jeder Medizin-Student kostet bis zum Facharzt-Examen mehr als 260.000 Euro, sodass sich viele Bundesländer Neugründungen nicht leisten können. In Bielefeld gibt es seit 2 Jahren eine neue medizinische Fakultät, aber mit nur 60 Plätzen. Justus Moor fordert einen Ausbau der Medizin-Studiengänge an den bestehenden NRW-Unis wie Düsseldorf, Köln oder Bochum.

Das sei aber aktuell im Haushalt nicht eingeplant. "Wir haben drei oder vier Neugründungen in den letzten vier bis fünf Jahren. Da müssten aber ehrlich gesagt noch mal fünf bis zehn dazu. Das kostet natürlich sehr viel Geld. Und je nachdem, wie wohlhabend ein Land ist, desto eher wird eine Hochschule gegründet.", so Kamin.

Anne-Lorraine aus Hamm bekommt keinen Studienplatz

Weil es so wenig Studienplätze gibt, ist die Abi-Note meist das entscheidende Kriterium. An der Uni Münster ist selbst ein 1,0 Schnitt noch keine Garantie für einen Platz. Die 19-jährige Anne-Lorraine aus Hamm hat vor zwei Jahren am Beisenkamp-Gymnasium ihr Abitur gemacht mit 1,4. Danach ein Freiwilliges Soziales Jahr im EVK und eine Rettungssanitäter-Ausbildung - und trotzdem hat sie keinen Studienplatz bekommen. Sie würde sich wünschen, dass an den Unis nicht nur die Note zählt. "Für so einen Studiengang sollte man davor eine medizinische Ausbildung machen. Dann hätte man das Pflegepraktikum schon drin und dann würden auch viele schon sagen: 'Hab ich keinen Bock drauf, dann studiere ich eben doch nicht'. Das würde, glaube ich, die Bewerberzahl minimieren.", sagt Anne-Lorraine im Lippewelle-Interview.

Justus Moor findet diesen Vorschlag super, weil er mehr Gerechtigkeit bringen würde. Prof. Kamin sagt allerdings, dass die Arzt-Ausbildung sich dann noch mal verlängert und unattraktiver wird.

© Radio Lippewelle Hamm
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Anne-Lorraine wünscht sich einen Studienplatz.© Anne-Lorraine Melde
Anne-Lorraine wünscht sich einen Studienplatz.
© Anne-Lorraine Melde

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