OLG Hamm will Verständnis für den Rechtsstaat stärken

Das Oberlandesgericht und die Generalstaatsanwaltschaft Hamm haben Bilanz für das Jahr 2023 gezogen. Ein wichtiges Thema: Der Schutz der Demokratie in Deutschland. Denn die Sorge vor Verfassungsfeinden wächst.

Das Oberlandesgericht in Hamm
© Thorsten Hübner / Stadt Hamm

Verfassungsfeindliche Tendenzen vor dem OLG Hamm nehmen zu

Die Richter am Oberlandesgericht (OLG) Hamm beschäftigen sich neben dem Familien- und Zivilrecht auch mit dem Strafrecht. Im Jahr 2023 haben sie 484 Revisionsfälle aus dem Bereich überprüft. Immer wieder geht es dabei auch um die Verwendung von Symbolen einer verfassungswidrigen Organisation. In einem Fall ging es zum Beispiel um ein tätowiertes Keltenkreuz, in einem anderen um eine Fotomontage mit SS-Symbolen auf Facebook. Insgesamt nehmen verfassungsfeindliche Tendenzen zu, sagt Gudrun Schäpers, Präsidentin des OLG – eine Entwicklung, die sie mit Sorge beobachtet. Umso wichtiger sei es jetzt für das Gericht, für Freiheit und Demokratie einzustehen, so Schäpers. Das gelte auch mit Blick auf die aktuellen politischen Entwicklungen: "Das macht mir schon auch Sorgen. Ich bin nicht nur Richterin, ich bin auch Mensch, und deshalb mache ich mir Gedanken darüber."


Richter aus Hamm wollen mehr Präsenz zeigen

Landesgerichts und des Bundesgerichtshofs hat Schäpers im Mai 2024 einen Beschluss zu dem Thema unterzeichnet. Darin heißt es unter anderem: "Jeden Angriff auf die Grundfesten der demokratischen Grundrechte, insbesondere durch Gewalt, Hass und Hetze sowie Ausgrenzung, verurteilen sie auf das Schärfste." Ihr Ziel: Das Verständnis für den Rechtsstaat stärken. Dafür sei es wichtig, in den Dialog zu gehen, so Schäpers. Um junge Menschen zu erreichen, gehen Richter des OLG regelmäßig an Schulen. Außerdem soll das OLG laut Schäpers auf Social Media sichtbarer werden.

Hohe Arbeitsbelastung bei der Generalstaatsanwaltschaft Hamm

In den zehn Staatsanwaltschaften, die zum Bezirk der Generalstaatsanwaltschaft Hamm gehören, gab es letztes Jahr 577.163 Ermittlungsverfahren gegen namentlich bekannte Tatverdächtige. Das sind etwas mehr als im Vorjahr. Den größten Zuwachs gab es im Bereich der Geldwäsche, Wirtschaftsstrafsachen und politischer Straftaten. Die Zahl der Verfahren wegen Sexualdelikten und Pornografie hat dagegen deutlich (um 16 %) abgenommen. Die Arbeitsbelastung der Staatsanwaltschaft ist enorm gestiegen, sagt der Hammer Generalstaatsanwalt Michael Schwarz. Genau wie in vielen anderen Branchen fehlt auch in der Staatsanwaltschaft Fachpersonal. Im gesamten Bezirk der Generalstaatsanwaltschaft sind derzeit 632 Staatsanwälte und 176 Amtsanwälte tätig. Laut Schwarz werden dringend mehr Rechtspfleger und Staatsanwälte gebraucht. Er hält es deswegen für besonders wichtig, dass mittlerweile mehr Quereinsteiger und Absolventen mit einer niedrigeren Abschlussnote als bisher eingestellt werden dürfen.

Vier aktuelle Verbraucherschutzklagen vor dem OLG Hamm

Besonders kompliziert sind für das OLG Verbraucherschutzklagen. Dabei geht es häufig um Preiserhöhungen von Energie- oder Telefonanbietern. Aktuell verklagt der Verbraucherverband Bundeszentrale (vzbz) Unternehmen der Vodafone-Gruppe. Bei der Klage geht es darum, dass die Festnetz-Verträge bei Vodafone teurer geworden sind. Vodafone-Kunden müssen jetzt einen Aufschlag bezahlen, wenn sie einen Festnetzanschluss haben. Der Verbraucherverband will erreichen, dass die Vodafone-Kunden das Geld dafür zurückbekommen. Innerhalb einer Woche hatten sich bereits mehr als 40.000 Menschen der Sammelklage angeschlossen, wie der Verband mitteilte. Neben der Vodafone-Klage werden vor dem OLG derzeit auch Verbraucherschutzklagen gegen die Energieanbieter E.ON, ExtraEnergie und gegen einen Streaming-Anbieter verhandelt.

Abgasskandal beschäftigt Gericht in Hamm weniger

Ein wichtiges Thema für das Oberlandesgericht war in den vergangenen Jahren der Abgasskandal. 2023 sind die Zahlen nun deutlich zurückgegangen: 867 Berufungsverfahren mit Bezug zum Abgasskandal sind beim OLG eingegangen – im Vorjahr waren es noch 2.305.

Oberlandesgericht ist weiterhin großer Arbeitgeber in Hamm

Beim OLG arbeiten viele Hammer in unterschiedlichen Bereichen. 2023 waren hier in Hamm 202 Richterinnen und Richter in der Rechtsprechung tätig. Im gesamten Bezirk des Gerichts waren es insgesamt 2.163 Richter. Dazu kommen knapp 1.450 Rechtspfleger, 4.350 Justizfachwirte, 781 Justizwachtmeister, 400 Fachkräfte des ambulanten Sozialen Dienstes und 474 Gerichtsvollzieher. Das Oberlandesgericht in Hamm ist das größte in Deutschland. Zu seinem Bezirk gehören zehn Landgerichte und 77 Amtsgerichte.

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