Themenwoche: Wie viel Handy ist gesund? Mediennutzung in Hamm

Ob im Bus, beim Einkaufen oder im Café - das Smartphone ist aus unserem Alltag nicht mehr wegzudenken. Seit vielen Jahren wird über den richtigen Umgang damit diskutiert: vor allem bei Kindern und Jugendlichen. Unser Wochenthema auf der Lippewelle.

Ein Kind benutzt sein Smartphone.
© Syda Productions / Canva

Gesunder Umgang mit digitaler Mediennutzung im Alltag

"Kinder wachsen heutzutage mit viel mehr digitalen Medien auf, daher werden auch mehr Medien genutzt", so der Oberarzt und Facharzt für Kinder- und Jugendpsychiatrie der LWL-Klinik in Hamm Dr. Moritz Noack. Daher sei es wichtig, sich mit den vielen technischen Möglichkeiten auseinanderzusetzen, denn diese seien nicht grundsätzlich schlecht. Es gehe darum, die hilfreichen Funktionen neuer Medien zu nutzen, gleichzeitig aber die restlichen Dinge im Alltag zu verdrängen.

Nutzer bräuchten eine gute Balance. "Mediennutzung ist gesund, solange ich das Gefühl habe, dass ich noch die Kontrolle habe, was ich nutze und nicht das Handy mich kontrolliert", sagt Annette Riedesel, die als Sozialpädagogin in der Suchtberatung in Hamm arbeitet.

Eltern in Hamm haben direkte Verantwortung für Mediennutzung ihrer Kinder

Laut der Hammer Sozialpädagogin Annette Riedesel sei die Vorbildrolle von Eltern für die kontrollierte Mediennutzung ihrer Kinder nicht zu unterschätzen. Das Verhalten der Eltern im Alltag werde nämlich direkt von den Kindern kopiert. Dazu zähle unter anderem die Handynutzung am Esstisch, ob man bei neuen Nachrichten direkt auf das Handy guckt oder was mit dem Handy nachts passiert.

Dr. Moritz Noack von der LWL-Universitätsklinik Hamm sagt, Eltern trügen die Verantwortung, ihre Kinder an Medien heranzuführen. Bei der Frage, ab wann ein Kind das erste Mal alleine im Netz unterwegs sein darf, müsse man also genauso gewissenhaft vorgehen, wie zum Beispiel bei der Frage, wann Kinder alleine auf den Spielplatz gehen dürften. Ein gesunder Umgang müsse eben gemeinsam erlernt werden.

Kinder in Hamm können Medienkonsum nicht selbst kontrollieren

Kinder seien nämlich noch nicht in der Lage, ihren Medienkonsum selber zu kontrollieren, da dessen Folgen nicht direkt spürbar seien. Man wisse aus Studien, dass sich die Bildschirmnutzungszeit bei Kindern, die alleine Medien konsumieren, auf das Doppelte erhöhe und der Kontakt zu nicht altersgemäßen Inhalten sich bis zu versechsfache. Eine Empfehlung der deutschen Kinder- und Jugendärzte sei daher zum Beispiel erst frühestens ab neun Jahren eine eigene Konsole für das Kind anzuschaffen. Außerdem sollten digitale Medien nicht als Mittel zur Belohnung, Bestrafung oder Beruhigung genutzt werden.

Wann digitaler Medienkonsum problematisch wird

Wenn die Hinwendung zu den digitalen Medien dann aber so groß wird, dass man den Kontakt mit Lehrern, Freunden und Eltern vernachlässigt, müsse man laut Dr. Moritz Noack von der LWL-Universitätsklinik Hamm von einem problematischen Konsum sprechen. Dabei verdränge der Medienkonsum alle anderen Lebensbereiche. Außerdem scheuen sich betroffene Kinder und Jugendliche auch immer weniger vor Konflikten, um weiter online bleiben zu können, sagt Annette Riedesel von der Jugendsuchtberatung Hamm.

Gefährlich seien digitale Medien vor allem, weil sie die Nutzer möglichst lange, intensiv und wiederkehrend konsumieren lassen, so Noak. Es gebe immer wieder Neuerungen im Spiel und neue Informationen auf Social Media, sodass die digitalen Medien nicht langweilig werden. Das Gerät auszuschalten falle immer schwerer.

Was hilft bei problematischem Medienkonsum bei Kindern und Jugendlichen in Hamm?

Wenn Betroffene oder Angehörige einen extremen Konsum digitaler Medien feststellen, ist es laut Annette Riedesel von der Jugendsuchtberatung Hamm sinnvoll, eine neutrale Person hizuzuziehen. Zu Hause sei das Thema bis zu dem Punkt nämlich häufig schon so strittig, dass man nicht mehr in der Lage sei, gemeinsam Verabredungen zu treffen. Sind Regeln aber einmal getroffen, liege es an den Eltern, diese klar durchzusetzen. Wenn dieser Ansatz nicht ausreicht, wieder eine Balance im Verhalten mit Medien herzustellen, sei es wichtig, die Funktion des Konsums einzuorden.

"Der problematische Medienkonsum ist häufig die Spitze des Eisbergs und wenn man darunter guckt, merkt man, dass es ganz häufig um Gefühlsregulation geht." - Dr. Moritz Noack

Medienkonsum als Flucht vor der Realität

Häufig seien Menschen betroffen, die sehr verzweifelt, traurig und frustriert in der realen Welt sind und in der digitalen Welt eine Art Flucht sehen. In dieser Welt gebe es laut Riedesel Anerkennung für das, was sie tun. Sie seien häufig gut verbunden und bekämen positive Rückmeldung, die sie im realem Leben nicht fänden. Da sei es verständlich, dass sie sich lieber im digitalen als im realen Leben aufhielten. Gemeinsam müssten dann Wege gefunden werden, die reale Welt wieder attraktiver werden zu lassen.

Unsere Beiträge aus dem Programm zum Nachhören

© Radio Lippewelle Hamm
© Radio Lippewelle Hamm
© Radio Lippewelle Hamm
© Radio Lippewelle Hamm
© Radio Lippewelle Hamm
© Radio Lippewelle Hamm
© Radio Lippewelle Hamm
© Radio Lippewelle Hamm
© Radio Lippewelle Hamm
© Radio Lippewelle Hamm

Weitere Meldungen