Amtsgericht Hamm verurteilt Schulleiterin wegen Untreue

Diesen Prozess vor dem Amtsgericht Hamm haben viele mit Spannung erwartet: u.a. viele Lehrerkollegen in Hamm. Denn was sich eine ehemalige Schulleiterin einer Grundschule in Hamm geleistet hat, hat bis heute Folgen.

© Rainer Wilkes, RLWH

Aufwändiger Lebensstil führt zu "finanzieller Schieflage"

Die Frau hatte mehr als vier Jahre lang insgesamt fast 80.000 Euro von zwei Schulkonten veruntreut. Sage und schreibe 158-mal hat die Frau Geld abgehoben, sowohl an ihren Wohnorten Bergkamen oder Dortmund als auch im Urlaub z.B. in Oldenburg oder Mecklenburg. Mit dem Geld hatte die geschiedene 55-Jährige mit vier jetzt erwachsenen Kindern zwischen 2018 und 2022 ihren aufwändigen Lebensstil finanziert. Ihre monatlichen Einnahmen von rund 5000 Euro reichten da nicht aus, sagte der ermittelnde Kripobeamte. So war sie zweimal im Jahr zum Urlaub nach Mallorca geflogen, für 14.000 Euro. Außerdem hatte sich die Schulleiterin dem Pferdesport verschrieben, ebenso wie eine ihrer Töchter. Und es war von teuren Geschenken für einen Mann die Rede, angeblich ihr Reitlehrer. 

Geständnis erspart Zeugenaussagen

Der Prozess war eigentlich auf drei Tage angesetzt, allein für heute waren mehrere Zeugen geladen.

Das hat sich das Gericht ersparen können, ebenso die Angeklagte, denn es gab eine sogenannte Verständigung zwischen Anklage, Verteidigung und Gericht. Am Ende stand ein Geständnis der ehemaligen Schulleiterin.„Es ist alles sehr schwer für mich“, sagte die große, zerbrechlich wirkende Frau mit dunklen Locken unter Tränen.Dabei hätte es noch dicker für sie kommen können. Für den Tatvorwurf: "Untreue in besonders schwerem Fall" wären bis zu 10 Jahren Haft möglich- schließlich hat sie jahrelang und ganz bewusst in die Schulkasse gegriffen und damit die öffentliche Hand betrogen. Und im Vorfeld des Prozesses wollte sie die Schuld abwälzen, von einer "Verschwörungstheorie" war die Rede. Entlastend wirkte neben ihrem Geständnis, dass sie nicht vorbestraft ist- und dass sie vor den Trümmern ihres Lebens steht. Den Beamtenstatus wird sie verlieren, ob sie jemals wieder als Lehrerin in einer Schule arbeiten kann, steht in den Sternen. Am Ende verhängte das Gericht 1 Jahr und 8 Monate Haft, auf zwei Jahre zur Bewährung ausgesetzt.

Schulleiterin muss 78.000 Euro zurückzahlen

Warum ist das Treiben der Schulleiterin nicht eher aufgefallen? Schließlich gilt auch für die Schulkonten das Vier-Augen- Prinzip, der stellvertretende Schulleiter hätte also mit auf die Buchungen gucken müssen. Offenbar hat die Schulleiterin so autokratisch über die Schulgemeinde geherrscht, dass sich da erst kaum Widerspruch regte- wieso, werden wir jetzt nicht genauer erfahren. Aufgefallen ist der Betrug erst nach über vier Jahren, als ein Schulcaterer nachfragte, wo sein Geld bleibt. Die Stadt hat dann Konsequenzen gezogen: seitdem müssen die Lehrkräfte selbst kleinste Buchungen von Klassenkonten akribisch belegen. Und die Eltern müssen das Geld für das Schulessen jetzt direkt mit dem Caterer abrechnen, das geht nicht mehr über die Schulkonten. Dass auch die Eltern und Kinder geschädigt wurden, weil die Frau das Geld abgezweigt hat, z.B. für Ausstattung oder Busfahrten, ist möglich, sagte uns Axel Püttner, Bezirksbürgermeister aus Pelkum. Möglicherweise will die Stadt jetzt ein Zivilverfahren anstrengen, um die 78.000 Euro wiederzubekommen.

Stadt reagiert und will häufiger prüfen

UPDATE (15:45 Uhr): Die Stadt werde "natürlich bestehende Schadensersatzansprüche geltend machen", schreibt sie auf Lippewelle-Nachfrage. Konkrete Leistungen, wie zum Beispiel Klassenfahrten seien demnach nicht weggefallen, aber klar sei: "Das Geld, was widerrechtlich entwendet wurde, stand der Schillerschule zu und kam der Schule entsprechend nicht zu Gute. Dadurch fehlte Geld – beispielsweise für Fortbildungen oder für Lehr- und Lernmaterial an der Schule. Grundsätzlich gilt: Das bestehende Finanz- und Abrechnungssystem an und mit den Schulen funktioniert gut und es gibt entsprechende Dienstanweisungen", so ein Sprecher. Dass es an der Schule zu einem Missbrauch kam, habe nicht an den geltenden Spielregeln gelegen, sondern an der kriminellen Energie. Die Stadt habe den Fall zum Anlass genommen, die Prüfungsintervalle zu verkürzen.

Rainer Wilkes

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