Apotheker und Ärzte in Hamm spüren die Auswirkungen der Medikamentenknappheit

Vor allen Dingen Antibiotika und Insulin fehlt in vielen Hammer Apotheken. Das merken besonders die Patienten, die auf die Versorgung angewiesen sind. Viele Apotheker befürchten, dass sich die Lage auch so schnell nicht entspannen wird.

© Canva / Symbolbild

Das richtige Medikament zu bekommen - das sei zurzeit ein "reines Glücksspiel", meint Martin Schwarzer von der Hirsch-Apotheke am Hammer Bahnhof. Und das sei besonders kritisch, weil einige der Präparate für die Patienten überlebenswichtig seien. Nach Aussagen der Apothekenkammer Westfalen-Lippe sind derzeit bis zu 1.000 verschiedene Arzneimittel nicht lieferbar. Seit Monaten gäbe es massive Probleme, Antibiotikasäfte gegen z.B. Scharlach oder auch Blutdrucksenker zu bekommen.

Das hat zufolge, dass viele Patienten die Apotheken ohne Medikamente wieder verlassen müssen. Auch für die Apotheker und Ärzte entsteht so ein hoher Mehraufwand: Wenn ein Rezept nicht eingelöst werden kann, dann müssen Ärzte entscheiden, welche Arzneimittel die Patienten stattdessen bekommen sollen - und der Austausch sei besonders zeitaufwendig, so Schwarzer: "Wir verbringen oft mehr als 30 Minuten in den Warteschlangen der Ärzte, bevor wir die Fälle klären können."


Ärzte in Hamm gehen mit dem Problem unterschiedlich um

Um den Austausch möglichst problemlos zu gestalten, gibt es verschiedene Ansätze. Einige Ärzte lassen sich Listen der Apotheken schicken, um nur Arzneimittel zu verschreiben, die auch verfügbar sind. Andere Ärzte geben den Patienten gleich mehrere Alternativen an die Hand, falls das benötigte Medikament nicht verfügbar ist.

Die Alternativen seien aber oft eingeschränkt, meint Dr. Werner Cobet von der Adler-Apotheke an der Pauluskirche. "Die Krankenkassen zahlen nur für bestimmte Medikamente. Lokal hergestellte Arzneimittel sind oft zu teuer".

Apotheker in Hamm spricht vom "schleichendem Kaputtsparen"

Die Produktion wurde aus Kostengründen ins Ausland verlegt. Die Produzenten in China und Indien können aber nicht immer liefern - dadurch werden Produktionsketten unterbrochen und die Arzneimittel können nicht hergestellt und geliefert werden. "Wir können 20 bis 30 Stück bestellen - davon kommen dann aber vielleicht zwei an. Und dann auch nicht morgen, sondern eher nächste Woche", erzählt uns Martin Schwarzer.

Der Kinderarzt Hendrik Staender bemerkt bei seinen Patienten, dass diese ganz unterschiedlich auf die Medikamentenknappheit reagieren. Einige zeigen Verständnis für die Lage - andere machen ihrem Unmut aber auch in den Apotheken und Arztpraxen Luft.

Apotheker und Ärzte in Hamm befürchten noch mehr Engpässe

Bis zum Ende des Jahres sei noch keine Entspannung in Sicht, heißt es von der Pressestelle des EVK. "Die Aufhebung der Preisvorgabe bei den Kinderarzneimitteln, die Herr Lauterbach angekündigt hat, ist da aber sicher ein gangbarer Weg." Hendrik Staender und weitere Ärzte sehen in der Situation jedoch ein politisches Problem, das sich so schnell nicht ändern werde.

Die Apothekenkammer Westfalen-Lippe sieht noch keine Lösung für das Problem in der Zukunft: "Die Lieferproblematik hat sich bislang ausschließlich verschlechtert, nicht verbessert. Es braucht auf lange Sicht mehr Geld im System, und das betrifft auch die Apotheken, deren Teams an der Belastungsgrenze angekommen und teilweise darüber hinaus sind."

Weitere Meldungen