BI kämpft weiter für einen „sicheren Hammer Süden“

Die Anwohner sehen die Ansiedlung einer Substitutionspraxis im ehemaligen Rinsche Gebäude an der Werler Straße weiter sehr kritisch. Am Donnerstag (4.7.) haben sich mehr als 100 Menschen auf dem Platz an der Liebfrauenkirche getroffen, um sich diesbezüglich auf den neuesten Stand zu bringen. Anwohner waren ebenso vertreten, wie Geschäftsleute aus dem Viertel und Mitglieder der Bezirksvertretung. 

Die Veranstaltung der Bürgerinitiative
© Radio Lippewelle Hamm

Vertreter der BV Hamm-Mitte kritisieren die Verwaltung

Roland Koslowski vom „Bündnis Sarah Wagenknecht“ betonte, dass ihm als Sozialarbeiter die Hilfe für suchtkranke Menschen ein persönliches Anliegen sei, aber der geplante Praxis-Standort widerspreche allem, was die Stadt bislang für die Drogenhilfe beschlossen habe:

"Es würde Sinn machen, dass alles in räumlicher Nähe zentral zu haben, fußläufig zum Bahnhof, fußläufig zum Busbahnhof. [...] Wir müssen jetzt nicht wieder anfangen zu dezentralisieren, das macht überhaupt keinen Sinn." - Roland Koslowski, Bündnis Sarah Wagenknecht

Bürgerinitiative wünscht sich besseren Austausch mit der Stadt Hamm

Auch Bezirksvertreter der CDU und FDP waren bei dem Treffen vor Ort, von der SPD und den Grünen allerdings nicht. Das bemängelte nicht nur Jochen Berkemeier von der BI. Er wünscht sich einen intensiveren Dialog mit der Stadt:

"Wir möchten ganz gerne im Dialog mit der Stadt ein für alle Beteiligten vernünftiges Konzept und auch einen Standort aussuchen." - Jochen Berkemeier, Bündnisinitiative

Berkemeier verweist auf andere Städte wie Bielefeld, die mit Substitutionsärzten Verträge eingehen in Bezug auf die Sicherheit des Umfelds und zum Beispiel die Zusicherung, dass nur Patienten aus Bielefeld und nicht von außerhalb behandelt werden. So etwas wäre in Hamm auch wünschenswert:

"Dass den Betroffenen geholfen werden soll - keine Frage! Das ist auch für uns wichtig. Denn irgendwo müssen ja auch diese Patienten behandelt werden, aber in ein Konzept eingebunden! Nicht einfach nur eine Praxis aufmachen und sagen: 'Ja, der Rest, der läuft schon irgendwie.'" - Jochen Berkemeier, Bündnisinitiative

Erweiterung auf Diamorphin macht den Anwohnern im Hammer Süden Angst

Neben der Methadon-Substitution möchte Dr. Adrian an der Werler Straße künftig auch Diamorphin anbieten. So könne er pro Patient das Fünffache an Geld abrechnen, warf ein Arzt aus dem Hammer Süden ein. Abgesehen davon sei Diamorphin aber mit Methadon auch gar nicht zu vergleichen, erklärt diese Ärztin, die auch Anwohnerin ist: 

"Methadon ist ein Medikament zur Substitution, das man schlucken kann und das Patienten, die man gut kennt, auch mit nach Hause gegeben werden kann, als Take-Home-Dosis. Diamorphin ist ein künstlich synthetisiertes Heroin, das eben auch eine entsprechende Wirkung hat und das bis zu drei Mal am Tag in die Vene injiziert wird. Und das kann in dieser geplanten Praxis (oder könnte) in entsprechenden Räumen von den Betroffenen selbst durchgeführt werden." - anwohnende Ärztin

Bislang gibt es deutschlandweit gerade einmal gut ein Dutzend Diamorphin-Praxen, allesamt in Städten, die mindestens doppelt so groß sind wie Hamm. Warum muss ausgerechnet unsere relativ kleine Stadt so ein Zentrum gründen? Das fragten sich viele Anwohner gestern Abend.

Was machen die Patienten zwischen ihren Diamorphin-Dosen im Hammer Süden?

Eine Diamorphin-Praxis sei nicht mit einer Methadon-Praxis zu vergleichen, führte die Ärztin weiter aus. Man habe mit der Behandlung dieser Patienten in Hamm bisher keinerlei Erfahrung und ohne ein städtischen Sicherheitskonzept sei es grob fahrlässig, ein solches Diamorphin-Zentrum mitten in einem Wohngebiet zu erlauben:

"Die hat 365 Tage im Jahr auf, zwölf Stunden am Tag, von morgens 07:00 Uhr bis abends um 19:00 Uhr. Und die Patienten, die in dem Diamorphin-Programm, in dieser Behandlung sind, sind im Allgemeinen kränkere Patienten. Sie sind schwerst-opiadabhängig, sie haben mehrere erfolglose Entgiftungen/ Entwöhnungen bereits hinter sich und haben auch häufig noch mit zusätzlichen Erkrankungen zu kämpfen, psychischer und körperlicher Art." - anwohnende Ärztin

Geschäftsleute befürchten „Trading Down Effekt“ im Hammer Süden

Die BI hat inzwischen mehr als 1.600 Unterschriften gegen die Substitutionspraxis gesammelt. Auch viele Geschäftsleute haben unterschrieben. 

Thomas Kutz von Betten Kutz zum Beispiel empfindet die geplante Substitutionspraxis als geschäftsschädigend:

"Wenn man sich jetzt etwas aufbaut und man dann irgendwo einmal, dass es, ich will nicht sagen 'Berg ab geht', aber es wird sich verändern. Und wenn eine Veränderung da sein wird, die nicht so gut ist, dann habe ich vielleicht Jahrzehnte lang irgendwo etwas aufgebaut, was mir einfach dann wehtut. Das wäre das rein Geschäftliche. Das andere ist aber: Ich liebe den Süden. Ich habe mein Geschäft dort im Süden. Es wäre nicht schön, wenn man sieht, wie der Süden noch weiter heruntergeht, daran." - Thomas Kutz, Betten Kutz

Nächste Schritte der BI für den Hammer Süden sind geplant

Die BI hofft auf weitere Unterstützung in Form von Unterschriften und auch Geld, denn die bisherigen Bemühungen hätten bereits einen fünfstelligen Betrag gekostet. 

Sie hat Akteneinsicht bei der Stadt gefordert und will einen Brief an die Bezirksregierung Arnsberg schreiben und darin ihre Ängste schildern. „Aufgeben ist keine Option. Es muss einen geeigneteren Standort für eine solche Praxis geben“, war die einhellige Meinung der gut 100 Anwohner gestern.

Weitere Meldungen