Haushaltskrise in Berlin trifft auch Investitionen in Hamm

Hamms Bundestagsabgeordneter Michael Thews sieht Schuldenbremse kritisch. Unternehmen in Hamm sind verunsichert, weil Geld fehlt.

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Förderprogramme in Hamm auf der Kippe

Der Bund muss beim Sparen beim neuen Haushalt und da könnte auch den Hammer Haushalt treffen. Kämmerer Markus Kreuz sagte im Lippewelle-Gespräch, im nächsten Jahr könnten Förderprogramme betroffen sein. Die Zuschüsse kommen meistens nicht direkt vom Bund, sondern vom Land. Der Haushalt in Hamm wird erst im kommenden Jahr vorgestellt, beraten und beschlossen. Eigentlich sollte der Bundeshaushalt für 2024 am 1. Dezember beschlossen werden. Das Bundesverfassungsgericht hat den 60 Milliarden-Euro-Klimafonds allerdings gekippt, weil das Geld eigentlich für Coronahilfen gedacht war.

CDU-Chef in Hamm sieht Parallelen zwischen Berlin und Hamm

Der Hammer CDU-Vorsitzende Arnd Hilwig zieht einen Vergleich von Bund und Stadt. "Finanzchaos in Berlin. Leere Kassen auch in Hamm. Die Muster sind durchaus vergleichbar. Hüben wie drüben wollen sich die Koalitionäre die Gunst der Wählerinnen und Wähler erkaufen, in dem sie mit dem Geld nur so um sich werfen." Hilwig fordert einen Kassensturz. Das gelte im Übrigen auch für die Ausgaben der Stadtwerke Hamm: Sie trügen heute ein Vielfaches der Lasten aus den städtischen Busverkehren, etwa für die kaum genutzte Ringbuslinie, die kostspielig sei.

Bundestagsabgeordneter aus Hamm will Schuldenbremse überprüfen

Die Grünen werben nach dem Haushaltsurteil des Bundesverfassungsgerichts für eine grundlegende Reform der Schuldenbremse. Sie sei handwerklich schlecht gemacht und wirke ökonomisch falsch, sagte die Fraktionsvorsitzende Dröge. Die FDP besteht bisher auf der Schuldenbremse und einem Sparkurs.

Auch Michael Thews, Bundestagsabgeordneter für Hamm und Mitglied im Haushaltsausschuss meint, man müsse die Schuldenbremse überdenken. Sie sei nicht mehr zeitgemäß. Er nennt als Beispiel Investitionen bei der Bahn: Wenn für Milliarden neue Gleise oder Signale gebaut werden, wirkten die Ausgaben nicht nur 2024, sondern auf Jahrzehnte. Sparen bei den Sozialausgaben sei nicht nur ungerecht, sondern möglicherweise auch nicht rechtmäßig. Wenn z.B. das Bürgergeld nicht erhöht würde, könnte dagegen auch erfolgreich geklagt werden.

Thews rechnet mit Entscheidung noch in diesem Jahr

Es sei wichtig möglichst noch in diesem Jahr zu beschließen, weil viele Projekte und auch Unternehmen bei einer vorläufigen Haushaltsführung in der Luft hängen, sagte Thews gegenüber der Lippewelle.

"Wir können den Transformationsprozess in der Wirtschaft nicht drei Jahre aussetzen. Deswegen haben wir nicht unendlich Zeit." - Michael Thews, Bundestagsabgeordneter für Hamm

Er habe den Eindruck, dass alle an einer Lösung interessiert seien, sagte uns Thews, auch die Kollegen von der CDU, denn auch sie müssten sich in ihren Wahlkreisen rechtfertigen, wenn Projekte oder Firmen gefährdet sind. Möglicherweise werde der Bundestag den Haushalt für 2024 erst kurz vor Weihnachten beschließen, in der eigentlich freien Woche und dafür nochmal die Schuldenbremse aussetzen. Er hoffe auf eine Entscheidung noch vor Weihnachten. Die Spitzen der Ampelkoalition in Berlin treffen sich am Mittwoch (29.11.), um weiter über den Haushalt zu diskutieren.

Wirtschaft in der Region ist verunsichert

Die mittelständischen Industrieunternehmen bei uns sehen die Hängepartie um den Haushalt mit Sorge. Das 60 Milliarden Loch führe zu Verunsicherung, sagte uns Dr. Volker Verch, Geschäftsführer des Unternehmensverbands Westfalen-Mitte mit Sitz in Hamm. Von der Lücke seien durchaus nicht nur Stahlwerke oder Chipfabriken betroffen, sondern auch Unternehmen in der Region, z.B. Autozulieferer, die ihre Produktion auf E-Mobilität umstellen und teilweise auf hunderttausende Euro an Zuschüssen oder Bürgschaften vom Bund warten. Manche Mittelständler hielten sich deswegen mit Investitionen zurück. Auch die Industriestrom-Preisbremse sei für viele Unternehmen entscheidend. Die Strompreise hier seien um ein Vielfaches höher als z.B. in Frankreich oder Polen.

Schuldenbremse dürfe Wachstum nicht hemmen

Bei der Diskussion um die Schuldenbremse sagte Verch, viele stimmten dem Ökonomen Michael Hüther vom Institut der Deutschen Wirtschaft zu. Er habe sinngemäß gesagt, man werde einen Weg finden müssen, Investitionen zu leisten. Die Schuldenbremse dürfe kein Wachstumshemmnis sein und müsse angepasst werden, so Hüther. Alle seien sich ja einig, dass die Transformation zu einer nachhaltigen und klimafreundlichen Wirtschaft richtig sei, sagte Verch. Bundeswirtschaftsminister Habeck setzt sich dafür ein, dass milliardenschwere Klimaschutzprojekte weiter fortgeführt und gefördert werden. Das Bundeskabinett hat am Montag (27.11.) einen Nachtragshaushalt für 2023 beschlossen. Damit sollen Kredite über 45 Milliarden Euro rechtlich abgesichert werden. Voraussetzung ist, dass der Bundestag eine außergewöhnliche Notlage erklärt und die Schuldenbremse für dieses Jahr aussetzt.

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